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Kurzgeschichte

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Mallorca im Frühling. Von Uli

¡ Holà!

Uli vor unserem Hotel, dem El CidEin bisschen peinlich war es mir ehrlich gesagt schon, auf die Frage, „wo fährste denn hin?“, mit „Mallorca“ zu antworten. Oh Mann, jetzt gehörste auch dazu, zu der Klientel, die du immer so abschreckend fandest. Fehlte nur noch, dass ich „nach Mallorca – ey“, mit besonderer Betonung der beiden ll’s und einem sehr langgezogenen ey, antworte. Ich weiß, ich weiß, ich habe es oft genug gehört, Mallorca ist eine der schönsten Inseln, landschaftlich gesehen. Trotzdem sehe ich einen bestimmten Typ Menschen vor mir, wenn ich von Mallorca höre; wenn Pawlows Hunden beim Bimmeln das Wasser im Mund zusammen läuft, dann kommen mir beim bloßen Erwähnen dieser Insel Miniplis, Goldkettchen, Cowboystiefel, Vokuhilas, blondiert, gebrezelt, parfumiert und Schnitzel-essend, aufgeknöpfte Hemden bis zum Bauchnabel und nach 20 Jahren Urlaub auf Malle immer noch nicht eine Silbe spanisch sprechend, eben ausgesprochene Atze-Schröders nebst Gattin in den Sinn.

Blick vom Hotel nach Platja de PalmaVielleicht gibt es die dort auch haufenweise. Wir hatten zum Glück nur drei typische Vertreter dieser Art in unserem Hotel. Vater: Minipli, Mann: blondiert, das Krombacher-T-Schirt über einem seeeeehr stattlichen Bauch stramm gespannt, Frau: dauergewellte Vokuhila mit Cowboystiefeln. Daneben fiel uns noch eine äußerst wartungsintensive Mittirgendetwas auf, deren täglich wechselnde üppige Dekoration ihr Alter schwer erraten ließ. Der überwiegende Teil der Gäste bestand aus Radfahrern. Gegen die konnte man nun wirklich nichts haben, morgens früh weg und abends früh müde. Da war eine ungestörte Nachtruhe und eine uns sehr angenehme, sportlich-lässige Kleiderordnung garantiert. Wir wohnten im El Cid, am äußersten Ende der Strandpromenade von S´Arenal nach Platja de Palma, möglichst weit weg von Ballermann und Schinkenstraße, hinter Balneario 15, fast schon in C'an Pastilla. Dorthin verschlug es die von mir so gemiedene Klientel wohl eher seltener. Vielleicht sollte man das nächste mal überlegen, nicht im Hotel, sondern in einer Finca (hier einige Angebote) unterzukommen. Dann ist man ganz für sich allein und braucht sich nicht über andere Gäste ärgern

 

Auf dem Weg nach Cap FormentorRadfahrer füllten aber nicht nur unser Hotel, sie füllten die ganze Insel. Wie Heuschreckenschwärme zog es sie übers Land. Nicht immer so angenehm, wie als Zimmernachbarn, manchmal auch bis zur Gefährdung störend und schon mal bizarr. Wenn man als Beifahrer dem sowieso schon schweißtreibend gefährlich wirkenden Abgrund auf den Bergstraßen immer näher kommt, weil der Gegenverkehr noch vor der Kurve einen Tross Radler überholen will, dann vergeht einem schon mal das Staunen ob der wunderschönen Aussicht. Und da stellt man sich die Frage, warum sie ihr Training nicht zu Hause absolvieren, den Hometrainer auf Stufe mallorcinische-Berge eingestellt – und los geht’s. Von der Landschaft sehen die hier doch sowieso nichts, wenn sie immer nur nach unten schauen. In einer Sitzposition mit einem Winkel von ca. 45° nach vorne gebeugt ist es auch nur schwerlich möglich, mehr als das Vorderrad plus ein Stück des Weges vor sich sehen zu können. Falls diese Feuermelder roten und nass geschwitzten Köpfe überhaupt noch was sehen können.

Lustiger waren dagegen die will-auch-mal-auf-Mallorca-spielen-äh-radeln Radler. Perfektes Outfit in grellen Farben mit Werbung vorne, hinten, oben und unten auf weniger perfekten Körpern. Wurst in bunter Pelle, getoppt mit einem Krönchen aus Fahrradhelm. Und so radelten sie dann stolz wie Oskar die Promenade auf und ab und wirkten auf ihren modischen Bikes ein bisschen, als hätte man gerade erst die Stützräder entfernt. Als Fußgänger sollte man sich nur rasch daran gewöhnen, dass diesen superschicken Maschinen solch grundlegende Sicherheitseinrichtungen wie Licht oder Klingel fehlen und sich die Fahrer dann schon mal mit einem freundlichen „buh“ bemerkbar machen.

 

Ein Jeep Wrangler - kein Auto für RückenkrankeWir sind ja lieber mit dem Auto unterwegs. Volker wollte schon immer mal einen Jeep Wrangler fahren und hatte auch gleich einen mit sechs Gängen bekommen. Da waren echte Erfolgserlebnisse vorprogrammiert, wenn er, als ausgeprägter Schaltlegastheniker, nach der entscheidenden Frage, welchen Gang nehmen wir denn mal als nächstes, den betreffenden butterweich mit lässigen zwei Fingern eingelegt bekam. Und was ein rücksichtsvoller Fahrer ist, der parkt das Auto stets an Laderampen oder zumindest Bordsteinkanten, damit seine beintechnisch etwas zu kurz gekommene Beifahrerin auch problemlos einsteigen kann. Früher, zu Miss Marple‘s Zeiten, gab‘s noch fahrbare Holztreppen, die, an ein Pferd geschoben, der Dame in den Sattel halfen.

Cala Llombards - kurz bevor unsere Sachen geklaut wurdenWas man bei diesen Autos aber garnienicht machen sollte, ist irgendetwas von Wert auch nur für fünf Minuten unbeobachtet drin liegen lassen. Da es Chrysler nicht möglich war, in ihre Billigvariante eines Mokes einen abschließbaren Kofferraum einzuplanen, bleibt einem nichts anderes übrig, als entweder erst gar nichts einzupacken, oder beim Verlassen alles mitzunehmen. Die Reiß- und Klettverschlüsse des Wagendaches machen es missratenen Kreaturen leicht, an den Wageninhalt zu gelangen. Ein Wisch, und alles war wech. Da fragt man sich, wozu die Türen Schlösser haben. Und dabei waren wir doch ganz alleine an dem wunderbaren Strand der Cala Llombards und hatten natürlich gerade dort nicht mit solch niederträchtigem Pack gerechnet. Unsere Rucksäcke fanden wir dann ein paar MM‘s (MallorcaMeilen) weiter auf der Straße liegend und im Graben nebenan auch drei Portmonees, leider waren unsere nicht dabei.

Jedenfalls war dieser Tag für uns gelaufen und auch der folgende wollte mir nicht so wirklich gefallen. Obwohl die Sonne ihr bestes versuchte, mir diese Insel doch wieder schmackhaft zu machen, gingen mir ständig die Mühe oder Möglichkeiten der Wiederbeschaffung durch den Kopf.

Es gibt Schlimmeres, pflegt Volker stets zu sagen. Ob aber das Gruselkabinett rund um die Schinkenstraße, das er mir nicht vorenthalten wollte, schlimmer als ein gestohlenes Portemonnaie ist, weiß ich nicht, für mich war es die reinste Ohrenfolter. Aus dem Bierkönig, dem Zentrum des organisierten Erbrechens, dröhnte irgendsonn Bonsai-Gummibaum, dass er ohne Kondom nicht mehr aus dem Haus geht. Jau, mir wäre es auch lieber gewesen, wenner drin geblieben wäre, denn was er da von sich gab, war wirklich nicht zu ertragen – also schnellsten wieder weg hier. Nein, wir brauchen im Dunkeln auch keine Sonnenbrille. Vielleicht scheint in Afrika die Sonne ja auch nachts, wer weiß.

lecker LammbratenMan kann die Gegend aber auch meiden. Doch wir wissen alle, dass Unfälle und Kuriositäten eine gewisse Anziehungskraft ausüben. Und man macht die Schönheit einer Stadt doch auch nicht am Bahnhofsklo fest.

Also wie gesagt, man kann die Gegend meiden. Sollte man vielleicht auch, denn der Rest der Insel ist so schön und so vielfältig, dass ich gerne wieder komme.

Frühlingsbunte Blumenwiesen, Bocksprünge übende Osterlämmchen, dunstige Bergsilhouetten, Buchten, Häfen und Strände mit Smaragd und Türkis glitzerndem Wasser, verschlafene Städtchen, Wege,Eine Mühle, ich sehe eine Mühle Äcker und Wiesen einfassende, endlose Natursteinmauern, Felder von Windmühlen scheinen aus der Luft wie Minigolfplätze, maurisch geprägte Kirchen und ein unwirklich scheinendes grau-blaues Meer das in einer Wischtechnik in einen blau-grauen Himmel übergeht.

 

Ach so, und wenn ich jetzt gefragt werde „du siehst so erholt aus, warst du im Urlaub?“ dann schäme ich mich nicht mehr zu sagen „ja, auf Mallorca“.

Adieu.

 

 

 

Adieu - wie der Mallorquiner sagt

 

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